© Thomas Heinrich, 2020.
28 Jahre alt
Aus Syrien
Wohnhaft in Leipzig
Seit 01.08.2017 Ausbildung zum Beton- und
Stahlbetonbauer bei der Firma Otto Heil
Mein Name ist Omar und ich stamme aus Syrien. Anfang 2014
verließ ich mit meiner schwangeren Frau das kriegsgeschüttelte Land
und reiste über Libyen und Italien am 01.05.2014 nach Deutschland
ein. Die erste Station war München und meine ersten Eindrücke waren
nicht besonders angenehm. Die Polizei war sehr unfreundlich, fast
feindselig gesinnt. Ich musste auch eine Nacht auf einer Polizeiwache
verbringen, die Familie war in der Zwischenzeit im Asylbewerberheim
untergekommen. Es folgten 24 Tage Chemnitz und schließlich wohnten
wir in Leipzig im Asylbewerberheim in der Riebeckstraße 63. Jetzt
haben wir eine eigene Wohnung. Mittlerweile besitze ich eine
Aufenthaltserlaubnis. Meine Eltern hatten eine Stahlbetonfirma in
Syrien und ich habe schon als Jugendlicher immer mitgearbeitet.
Meinen Eltern und mir war es eigentlich immer klar, dass ich in die
Branche einsteige. Und so war es auch von Anfang an mein Wunsch, in
Deutschland als Stahlbetonbauer zu arbeiten, brachte ich doch schon
viele praktische Erfahrungen mit, aber eben keinen Berufsabschluss.
Aber so einfach ging das nicht. Ich musste lernen, dass in Deutschland
ohne Abschlüsse oder Zertifikate gar nichts geht. Gerade in der
Arbeitswelt gelten hier Gesetze und Regeln, die es in Syrien nicht gibt.
Das war neben dem Erlernen der deutschen Sprache die größte Herausforderung und das ist auch heute noch so.
Über RESQUE 2.0 in die Berufswelt. So stand am Beginn ein Sprachkurs bei der DAA-Leipzig. Dort bin ich auch auf das Projekt
RESQUE 2.0 aufmerksam geworden. Sie haben mich darin bestärkt meine berufliche Zukunft in Deutschland auf einer soliden
Basis zu gründen, was bedeutete eine dreijährige duale Ausbildung zum Beton- und Stahlbetonbauer zu beginnen. Und das in
meinem Alter. Das RESQUE 2.0 – Team hat mir sehr geholfen – bei den Bewerbungen und allen anderen Sachen, die in
Vorbereitung für so eine Ausbildung notwendig sind, einschließlich der Kontakte zum Ausbildungsbetrieb. Es gab auch viele
Informationen, z.B., dass es neben der praktischen Ausbildung im Betrieb noch eine Berufsschule gibt, die wie eine richtige
Schule funktioniert. Was das wirklich heißt, habe ich erst verstanden als ich auf der Schulbank saß.
Das erste Ausbildungsjahr. Jetzt bin ich mitten im ersten Lehrjahr und kann einschätzen, dass die Ausbildung im Betrieb gut
läuft, ja es macht sogar Spaß. Die Kollegen akzeptieren mich – ich glaube das hängt auch damit zusammen, dass ich schon
Einiges kann und mich nicht vor schwerer Arbeit scheue. Der Chef ist sehr gut zu mir und unterstützt mich genauso wie die
Ausbilder. Zu den anderen drei Azubis im Betrieb habe ich kaum Kontakt. Natürlich gibt es auch noch so manche
Sprachbarriere. Ich bekomme aber viel Unterstützung durch die Lehrer und drei- bis viermal in der Woche Stützunterricht
durch den „Senior Experten Service“, den mir auch das RESQUE-Team vermittelt hat. Gerade in Mathematik habe ich das sehr
nötig. Hier gibt es zum Beispiel auch andere Rechenwege als ich sie in meiner Heimat gelernt habe. Durch die Schule und die
Arbeit auf den Baustellen – da geht es manchmal bis in die Abendstunden - habe ich wenig Freizeit und auch wenig Zeit für
meine Familie. Zwei Kinder gehen in den Kindergarten für das Jüngste suchen wir noch einen Kitaplatz. Das größte Kind wird
schon auf die Schule vorbereitet – das läuft gut.
Für die Zukunft. Ich wünsche mir, die Ausbildung so gut wie möglich zu beenden. Natürlich möchte ich mich weiterbilden,
vielleicht später meinen Meister machen. Ich muss schon wegen meiner Familie weiterkommen, denn die Löhne in meiner
Branche sind sehr niedrig.
Leipzig im Juli 2018.
OMAR