© Thomas Heinrich, 2020.
34 Jahre alt
Aus dem Kosovo
Wohnhaft in Leipzig
Im 3. Jahr der Ausbildung zum Glas- und
Gebäudereiniger
Mein Name ist Avni. Ich komme aus dem Kosovo. Ich habe
mit meiner Frau und meinem dreijährigen Sohn im Februar
2015 einen Asylantrag in Deutschland gestellt. Ende März 2015
wurden wir dann der Stadt Leipzig zugewiesen. Zunächst
wohnten wir in einer Asylbewerberunterkunft, ungefähr seit
August 2015 wohnen wir in Leipzig in einer Wohnung. Wir
waren zuerst einmal sehr erleichtert, gesund und unversehrt
mit unserem kleinen Sohn in Deutschland angekommen zu
sein. Wir waren froh, in der Erstaufnahmeeinrichtung versorgt
zu werden. Wir wurden mit einer weiteren Familie in einer
Wohneinheit untergebracht, jeder hatte ein Zimmer. Die
großen Einrichtungen mit viel Unruhe, vielen verschiedenen
Menschen, die viele Fragen, Sorgen oder Probleme hatten und
die wenige Privatsphäre waren besonders für meine Frau und
unser Kind nicht einfach. Damals kamen viele Menschen aus
Albanien und dem Kosovo als Asylbewerber nach Deutschland.
Für die Verständigung wurden immer Sprachmittler gesucht.
Ich konnte bereits Deutsch und habe daher in allen
Unterkünften ehrenamtlich als Sprachmittler geholfen. Unser
Asylantrag wurde abgelehnt.
Über RESQUE 2.0 in die Berufswelt. Die Sozialarbeiterin der
Gemeinschaftsunterkunft Riebeckstraße, in welcher ich damals wohnte, hat für meine Unterstützung einen Termin beim Projekt
RESQUE 2.0 hergestellt. Die Projekt-Mitarbeiterinnen im Referat für Migration und Integration bei der Stadt Leipzig und bei der
DAA Leipzig haben mich bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz und der Bewerbung für einen Ausbildungsplatz
unterstützt. Sie haben auch Kontakte mit den Ausbildungsbetrieben aufgenommen, da diese viele Fragen hatten, wenn sie
einen Auszubildenden mit Duldung einstellen würden. Das Projekt unterstützt mich auch bei allen Fragen im Zusammenhang
mit Behörden, denn es gibt viele Sachen zu beachten und Formulare auszufüllen – z.B. wenn es um die Ausbildungsduldung
ging, um die Geburtsurkunde für meinen Sohn, Fragen zum Lebensunterhalt oder zum Kindergeld.
Erfolgreiche Integration trotz unsicherer Zukunft. Ich habe einen Berufsschulabschluss als Elektroinstallateur im Kosovo
gemacht. Im Unterschied zu Deutschland ist dies aber eine schulische Ausbildung gewesen und es war nicht möglich, praktische
Erfahrungen zu sammeln. Gearbeitet habe ich im Kosovo mehrere Jahre als Maler. Seit dem 01.09.2015 mache ich in Leipzig
eine Ausbildung zum Glas- und Gebäudereiniger bei der Firma Gegenbauer. Ich bin jetzt im 3. Lehrjahr und stehe kurz vor dem
Abschluss meiner Ausbildung. Die Berufsschule war etwas schwerer für mich, weil ich noch sehr viele Fachwörter lernen
musste. Mein Ausbildungsbetrieb und meine Lehrer in der Berufsschule haben mich immer unterstützt, wofür ich ihnen sehr
dankbar bin. So ist meine Ausbildung bisher sehr erfolgreich verlaufen. Mir hat sehr geholfen, dass ich bereits die deutsche
Sprache konnte. Da ich als ehrenamtlicher Sprachmittler viele Asylbewerber zu Ämtern, Ärzten und anderen Stellen begleitet
habe, habe ich viele Leute und Strukturen kennengelernt. So habe ich nicht nur andere Menschen unterstützt, sondern auch
viele für mich selber hilfreiche Tipps, Informationen und Kontakte bekommen.
Seit dem Inkrafttreten des Integrationsgesetzes im August 2016 habe ich eine sogenannte Ausbildungsduldung – diese ist bis
zum Ende meiner Ausbildung am 31.07.2018 gültig. Das größte Problem für mich war und ist es, keine Sicherheit und
Verlässlichkeit für die Zukunft zu haben. Trotz meiner Vorkenntnisse war es sehr schwer, einen Ausbildungsplatz zu finden, weil
auch die Ausbildungsbetriebe eine Garantie haben wollten, dass ich während und nach der Ausbildung in Deutschland bleiben
kann. Ich weiß zwar, dass es die Möglichkeit gibt, eine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen, wenn ich die Ausbildung erfolgreich
beende und in meinem Beruf arbeite. Ich hoffe auch, dass dies klappt; aber es bleibt das Gefühl der Unsicherheit. Viele
Landsleute glauben zum Beispiel nicht, dass ich nach der Ausbildung in Deutschland bleiben kann.
Für die Zukunft. Ich möchte meine Ausbildung erfolgreich abschließen und dann in meinem gelernten Beruf arbeiten. Mein
größerer Sohn hat zwei Jahre den Kindergarten besucht und beendet jetzt bald die erste Klasse. Mein jüngerer Sohn geht seit
Dezember letzten Jahres in den Kindergarten. Meine Frau lernt gerade in einem Deutschkurs und hat vor, ab Sommer in einem
Frisörsalon zu arbeiten. Wir fühlen uns in Deutschland sehr wohl, sind hier „angekommen“ und wünschen uns, in Deutschland
bleiben zu können.
Leipzig im Juli 2018.
AVNI